Wenn der Staat erbt – Was bedeutet das Fiskuserbrecht?
Verstirbt eine Person in Deutschland, geht deren Vermögen oder Schulden automatisch auf andere über. Sind jedoch keine Verwandten vorhanden oder verzichten alle Berechtigten auf ihren Anteil, springt der Staat ein. Diese gesetzliche Regelung wird als Fiskuserbrecht bezeichnet – in der Rechtssprache auch Staatserbrecht genannt.
Wann kommt diese Regel zur Anwendung?
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) legt klare Bedingungen fest:
- Es gibt keine testamentarischen Anordnungen oder gesetzlich vorgesehenen Empfänger (§ 1964 BGB),
- alle vorgesehenen Personen schlagen ihren Anteil aus (§ 1953 Abs. 2 BGB),
- es liegt ein Ausschluss wegen Erbunwürdigkeit vor oder die Berechtigten sind verstorben (§ 2344 Abs. 2 BGB).
Unter diesen Voraussetzungen übernimmt die öffentliche Hand die Regelung des Nachlasses.
Rolle des Gerichts und Ablauf
Bevor der Staat Vermögenswerte übernimmt, prüft das Nachlassgericht, ob wirklich niemand anderes infrage kommt. Dazu wird ein Feststellungsverfahren eingeleitet – eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung möglicher Ansprüche (§ 1965 BGB). Erst wenn sich niemand meldet oder die vorliegenden Ansprüche rechtlich ausgeschlossen sind, ergeht ein Feststellungsbeschluss, der den Staat als einzigen Nachfolger bestimmt.
Dabei agiert der Fiskus nicht hoheitlich, sondern nimmt die Rolle einer Privatperson ein – mit allen Rechten und Verpflichtungen, die dazugehören.
Verwaltung des Erbes
Die Verantwortung für das übertragene Vermögen liegt bei den Landesämtern für Finanzen, abhängig vom letzten Wohnsitz der verstorbenen Person. Vermögenswerte werden verwertet, etwa durch Verkauf. Schulden, insbesondere bei Grundstücken, können per Zwangsversteigerung beglichen werden. In manchen Fällen erfolgt auch eine Nachlassinsolvenz.
Verbindlichkeiten wie Steuerschulden gehen vollständig auf den Staat über. Laut Rechtsprechung übernimmt dieser die gesamte steuerliche Stellung des Verstorbenen (§ 45 AO), inklusive laufender Verfahren.
Besondere Regeln für den Staat
Ein Rücktritt vom Nachlass ist für den Fiskus ausgeschlossen (§ 1942 Abs. 2 BGB), ebenso ein genereller Verzicht (§ 2346 BGB). Der Staat haftet allerdings nur in Höhe des übernommenen Vermögens und nicht mit eigenen Mitteln (§ 2011 BGB). Das schützt ihn vor finanziellen Risiken durch überschuldete Nachlässe.
Auch eine Einsetzung als Nacherbe ist unzulässig (§ 2104 Satz 2 BGB), ebenso das Bezugsrecht aus Lebensversicherungen (§ 160 Abs. 4 VVG).
Wozu dient diese Regelung?
Das Fiskuserbrecht stellt sicher, dass kein Vermögen unverteilt bleibt. Es verhindert, dass Nachlassangelegenheiten unbehandelt bleiben, wenn niemand mehr Ansprüche geltend macht. Der Staat übernimmt in diesen Fällen Verantwortung – nicht aus Gewinninteresse, sondern um ordnungsgemäße Abwicklung zu gewährleisten.