Kann das Erbe vorzeitig ausgezahlt werden?
Viele Erben fragen sich, ob sie ihr Erbe bereits zu Lebzeiten des Erblassers erhalten können. Grundsätzlich gibt es im Erbrecht jedoch keine Pflicht zur vorzeitigen Auszahlung. Das bedeutet: Ein Anspruch auf das Erbe besteht erst nach dem Tod des Erblassers.
Trotzdem gibt es Möglichkeiten, eine vorzeitige Auszahlung zu vereinbaren. Eine gängige Option ist die Auszahlung gegen einen Pflichtteilverzicht. Dabei erhält der Erbnehmer schon zu Lebzeiten einen bestimmten Betrag, verzichtet aber später auf seinen Pflichtteil.
Pflichtteilverzicht und vorzeitige Auszahlung
Viele Eltern unterstützen ihre Kinder finanziell bereits zu Lebzeiten, etwa für den Kauf eines Eigenheims. In solchen Fällen kann eine Vereinbarung zwischen Erblasser und Erbnehmer getroffen werden.
Diese vorzeitige Auszahlung erfolgt oft als Schenkung oder im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge. Dabei verzichtet der Erbnehmer offiziell auf seinen späteren Pflichtteil. Damit die Vereinbarung rechtskräftig ist, muss sie notariell beurkundet werden.
Vorteile und Risiken
Vorteile für den Erblasser:
- Er kann mitentscheiden, wofür das Geld genutzt wird.
- Er verhindert mögliche Erbstreitigkeiten unter den Erben.
Vorteile für den Erben:
- Er erhält finanzielle Mittel zum Zeitpunkt des größten Bedarfs.
- Er kann größere Investitionen frühzeitig tätigen.
Mögliche Risiken:
- Der ausgezahlte Betrag könnte niedriger sein als der späte Pflichtteil.
- Es kann zu Konflikten mit anderen Erben kommen.
Erbengemeinschaft – Herausforderungen und Lösungen
Ist ein Erbe Teil einer Erbengemeinschaft, wird die gesamte Erbmasse gemeinschaftlich verwaltet. Das bedeutet, dass einzelne Erben nicht ohne Zustimmung aller Miterben über ihren Anteil verfügen können.
Da es in Erbengemeinschaften oft zu Streitigkeiten kommt, gibt es zwei Wege, sich daraus zu lösen:
- Veräußerung des Erbteils: Ein Erbe kann seinen Anteil verkaufen, benötigt dafür aber die Zustimmung der anderen Erben. Diese haben in der Regel ein Vorkaufsrecht.
- Abschichtung: Ein Erbe kann gegen eine Abfindungszahlung aus der Erbengemeinschaft ausscheiden. Auch hier ist eine notarielle Beurkundung erforderlich.
Das Geldvermächtnis als Sonderfall
Ein Geldvermächtnis ist eine im Testament festgelegte finanzielle Zuwendung. In diesem Fall hat der Begünstigte einen rechtlichen Anspruch auf Auszahlung. Anders als bei der vorzeitigen Auszahlung des Erbteils kann diese nicht verweigert werden.
Erbstreitigkeiten und rechtliche Unterstützung
Erbschaften führen oft zu Streitigkeiten, insbesondere wenn mehrere Erben beteiligt sind. Falls keine Einigung möglich ist, bleibt häufig nur der Weg über das Erbrecht und die Gerichte.